Ein Modell, das selbst zum Vorbild wird: Der Entwurf für die Baureihe 255
Das erhaltene Modell der Baureihe 255 entsteht von 1987 bis 1988 als Diplomarbeit des Industriedesigners Gerd Kirchner an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Den Auftrag dazu geben die LEW „Hans Beimler“ Hennigsdorf, die an einer neuen Drehstromlokomotive mit noch unbekannter Geschwindigkeit arbeiten. Für die erwünschten Leistungen beabsichtigt man die Nutzung der neuen Drehstromtechnik. Das dies 1987 für die RGW-Staaten möglich ist, zeigt Škoda mit dem Prototyp 85E0-ATM für die Tschechoslowakischen Staatsbahnen.
Die geplante Baureihe 255 soll langfristig die Elektrolokomotive der Baureihe 243 im Schnellzugverkehr der Deutschen Reichsbahn ersetzten. Eine Gemeinsamkeit mit ihrem Vorgänger ist am Modell noch sichtbar: Die charakteristischen Sicken, Prägungen zur Versteifung der Seitenwände.
Mit seiner besonders aerodynamischen Gestaltung setzt sich der Entwurf der Baureihe 255 von vielen anderen Schienenfahrzeugen ab, welche das Bild der Eisenbahn in der DDR bestimmen. Die neue Form soll nicht allein den Luftwiderstand reduzieren. Es geht auch darum, Druckstöße bei Zugbegegnungen und die Verschmutzung der Lokomotive zu vermeiden. Dafür testet Gerd Kirchner 12 verschiedene Entwürfe des Lokomotivkopfes im Windkanal Dresden-Klotzsche.
Das Modell erhaltene Modell der Baureihe 255 zeugt über die Arbeitsweise der Formgestalter in der DDR mit Ihrem Design Funktionalität und Wertigkeit Ihrer Produkte zu steigern, unter anderem auch im Schienenverkehrswesen.
Mit den wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Umwälzungen der deutschen Wiedervereinigung verändern sich die Rahmenbedingungen für das Projekt. Die LEW Hennigsdorf gehen in der AEG auf. Aufgegriffen werden die Pläne der Baureihe 255 beim Bau der Versuchslokomotive 12X. Sie wird 1994 in Hennigsdorf fertiggestellt und Vorbild für eine neue Serien von Elektrolokomotiven im vereinten Deutschland.
Nach seinem Abschluss arbeitet Gerd Kirchner weiter im Transportation Design und entwirft die Gleisarbeitsfahrzeuge der Gleisbaumechanik Brandenburg wie den GAF 100.
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