Braunbeck‘s Sportlexikon (1910) - Eine Zeitreise in die Anfänge des Motorsports
Der Herausgeber Gustav Braunbeck (1866-1928), geboren in Heilbronn, stammte aus einer Verlegerfamilie. Mit seinen Brüdern teilte er die Faszination für Tempo und Technik. Als Radsportler gewann er ab 1891 auf dem Niederrad und Einrad mehrere Meisterschaften im Kunstradfahren.
Ab 1893 begeisterte er sich für Motorzweiräder und Automobile und nahm erfolgreich an Wettbewerben teil. Um die Jahrhundertwende widmete er sich überdies dem Motorbootsport und der Luftfahrt.
Seine Aktivitäten erstreckten sich weit über den Sport hinaus. 1892 gründete er den Verband Deutscher Fahrrad- und Motorfahrzeughändler. Er war Mitbegründer mehrerer Automobil-Clubs, sowie des Deutschen Automobil-Verbandes in Berlin. Weitere Vereine und Veranstaltungen, wie der Deutsche Motorboot-Club, der Motor-Yacht-Club von Deutschland, das Gordon-Bennett-Wettfliegen 1908 in Berlin gehen auf sein Wirken zurück. In einer Reihe weiterer Vereine und Gesellschaften war er Mitglied, Vorsitzender oder Aufsichtsrat.
Um 1900 gründete Gustav Braunbeck die Vereinigten Verlagsanstalten Gustav Braunbeck & Gutenberg-Druckerei Aktiengesellschaft, in der er als Generaldirektor fungierte. Der Verlag galt damals als führend in den Bereichen Kraftfahrzeugwesen und Motorsport, einschließlich Luftschiff- und Motorboot-Sport. Zu den bekannten Publikationen gehörten die Deutsche Zeitschrift für Luftschifffahrt sowie die heute unter Sammlern legendäre Fachzeitschrift "Motor".
Braunbecks Verlag trug maßgeblich zur Verbreitung von Fachinformationen in diesen aufstrebenden Technologiebereichen bei.
Ein herausragendes Werk in Braunbecks Verlag ist zweifellos das "Braunbecks Sportlexikon". Vermutlich war das Lexikon ursprünglich als periodische Veröffentlichung geplant. In der Fachbibliothek des Verkehrsmuseums sind die Ausgaben von 1910 und 1912 erhalten geblieben. Leider endete die Veröffentlichung nach der dritten Ausgabe 1913, wahrscheinlich aufgrund der politischen Ereignisse. Dies macht die verbliebenen Ausgaben zu wertvollen Zeitzeugnissen aus der Welt des Sports und der Technik dieser Zeit.
Die erste Ausgabe von "Braunbecks Sportlexikon" aus dem Jahr 1910 gliedert sich in die drei Bereiche des Automobilismus, Motorbootwesens und Luftschifffahrt. Jeder Abschnitt folgt einer einheitlichen Struktur und enthält Chroniken zur technischen Entwicklung, Personenverzeichnisse, zahlreiche Abbildungen von Fahrzeugen, Informationen zu Wettbewerben und Persönlichkeiten. Darüber hinaus sind Firmen- und Herstellerverzeichnisse vorhanden, alphabetisch sortiert nach Produkt, Firmenname und Standort. Die Ausgabe beinhaltet zeitgenössische Werbung, Vereine und Verbände mit ihren Logos, teilweise sogar in Farbe, sowie Listen von Fahrzeugrennen mit Angaben zu Strecke, Verlauf, Teilnehmern, Gewinnern und Abbildungen der Preise.
Die umfangreichen Verzeichnisse von Sportlern, Erfindern, Vereinsmitgliedern und Bezugsquellen machen "Braunbecks Sportlexikon" zu einer wertvollen Fundgrube für jeden mit Interesse an diesen Themen.
Die Erstellung von "Braunbecks Sportlexikon" ohne den Einsatz von Computern und Datenbanken war zweifellos eine monumentale Aufgabe. Wie haben wohl die umfangreichen Karteien und Verzeichnisse für die Erstellung des Sportlexikons ausgesehen?
Unbedingt erforderlich waren eine sorgfältige Recherche, Organisation und Systematisierung von Informationen. Es ist beeindruckend, wie umfangreiche und detaillierte Werke wie "Braunbecks Sportlexikon" in einer Zeit vor den digitalen Hilfsmitteln entstanden sind.
Gustav Braunbecks Sportlexikon reflektiert die dynamische Entwicklung der Fortbewegungsmittel seit den 1880er Jahren. In dieser Zeit waren sportliche Fähigkeiten oft von Vorteil oder sogar eine Voraussetzung für die Beherrschung der neuen Verkehrsmittel. Das Lexikon zeichnet ein lebendiges Bild der sportlichen Qualitäten, die für den Umgang mit den innovativen Transportmitteln dieser Ära entscheidend waren.
Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf Deutschland und den deutschsprachigen Ländern. Braunbeck berücksichtigt jedoch genauso Entwicklungen im Ausland und würdigt die Verdienste von Konstrukteuren, Fahrern, Flugzeug-, Ballon- und Motorbootführern unabhängig von ihrer Nationalität.
Nach mehr als zwanzig Jahren Bibliotheksarbeit ist mir "Braunbecks Sportlexikon" zu einem geschätzten Begleiter geworden ist. Es ist eine wertvolle Hilfe bei Anfragen von Redakteuren, Forschern, privaten Nutzern und besonders für Ausstellungen hier im Museum. Insbesondere bei der Erforschung der Biografie des ersten sächsischen Automobilbauers Emil Hermann Nacke hat sich das Lexikon als eine unschätzbare Ressource erwiesen.
Nach mehr als 100 Jahren wird der Leinenband von "Braunbecks Sportlexikon" nun brüchig und bekommt Risse. Um das Original vor weiterem physischen Verschleiß zu schützen und dennoch die Benutzung zu ermöglichen, wird es in die digitale Welt zu überführt.
Dank der Förderung durch die Sächsische Landesstelle für Museumswesen wird der umfangreiche Band nun digitalisiert. Dies ermöglicht es, das Werk im kommenden Jahr online anzusehen. Wir freuen uns darauf, wenn es so weit ist, und werden auf jeden Fall hier und auf anderen Kanälen darüber informieren. Die Digitalisierung wird sicherlich dazu beitragen, die Inhalte des Sportlexikons für zukünftige Generationen zu bewahren und zugänglich zu machen.
Interessiert Ihr Euch für die Anfänge des motorisierten Sports? Nutzt Ihr historische Literatur, die von Bibliotheken online bereitgestellt wird? Bei spezifischen Fragen zu historischer Literatur oder anderen Themen im Bereich Verkehrswesen stehe ich gerne zur Verfügung, um Informationen und Hilfestellung zu bieten.
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