Das Rätsel der Schüttoff (1/3) - Vom Schuppen in die Ausstellung

Foto Maria Niklaus

Maria Niklaus
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An einem sonnigen Tag Ende September 2022 starteten zwei Mitarbeiter:innen des Museums am frühen Morgen mit dem großen Transporter zu einem spannenden Auftrag. Vom Stallhof aus ging es in Richtung Nordwesten nach Sachsen-Anhalt. Kurz vor dem Harz lag das Ziel: Das neueste Exponat des Verkehrsmuseums, etwas ganz Besonderes: ein Schüttoff-Motorrad aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts, das viele Jahre lang in einem Schuppen stand, ein echter „Scheunenfund“ also.

Die „Schüttoff Motorradbau A.G.“ war ein Motorradhersteller aus Chemnitz, der innerhalb von ca. 10 Jahren eine ganze Motorradserie auf den Markt brachte. Heute sind die erhalten gebliebenen Schüttoff-Motorräder seltene Liebhaberstücke. Die Maschine ist das erste Motorrad dieser Marke im Bestand des Verkehrsmuseums.

Der Besitzer hatte das Museum kontaktiert, da er seine Maschine in professionelle Hände abgeben und der Nachwelt zugänglich machen wollte. Am Ziel angekommen überraschte der Eigentümer, der genauso alt ist wie seine Maschine, Baujahr 1930¹, mit einem weiteren Highlight. Er besaß noch die komplette Dokumentation der Schüttoff, die er dem Verkehrsmuseum dankenswerterweise zusammen mit seinem Motorrad schenkte. Für die Mitarbeiter:innen ein großes Glück, da oft die Unterlagen zu den Exponaten fehlen. Diese werden jedoch dringend für die Objektrecherche benötigt.

Einen Einblick in die Ergebnisse der Objektgeschichte, wo das Motorrad genau herkam, wie sie in den Schuppen kam und was wir damit vorhaben, erfahrt Ihr in einem weiteren Beitrag.

Nach eingehender Inspektion (Abb. 1 und 2) und Ausfüllen des mitgebrachten Übergabeprotokolls vor Ort durften die Mitarbeiter:innen des Museums die noch sehr gut erhaltene Schüttoff auf ihren eigenen zwei Rädern in den Transporter schieben.

Die Schüttoff in der Sonne nach jahrelangem Aufenthalt in einer „Scheune“
Abb 1: Die Schüttoff in der Sonne nach jahrelangem Aufenthalt in einer „Scheune“.
Ein Mitarbeiter des Verkehrsmuseums bei der ersten Begutachtung der Schüttoff
Abb. 2: Ein Mitarbeiter des Verkehrsmuseums bei der ersten Begutachtung

Das Verkehrsmuseum hat ein speziell eingerichtetes Fahrzeug, um historische Exponate sicher und geschützt zu transportieren (Abb. 3). Für diesen Tag wurde das Fahrzeug für den Transport von Zweirädern vorbereitet, u.a. mit besonderen Gestellen und ganz vielen Decken und Zurrgurten, damit alles sicher zurück in das Museum gelangen konnte (Abb. 4 und 5). Habt Ihr unseren Lieferwagen auf einer Mission vielleicht auch schon einmal gesehen?

Auf der Rückfahrt wurde eifrig diskutiert, wie man die Maschine am besten ausstellen kann und vor allem, um welche Version der Schüttoff es sich genau handelt. Die 350ccm Touring- (Typ E) und Sportversion (Typ F) von 1926 sahen sich sehr ähnlich. Wie die beiden zu unterscheiden sind, welche Varianten im Museum zu sehen sind und was passiert, wenn ein Exponat ins Museum kommt, erfahrt Ihr im nächsten Beitrag. Vielleicht haben manche Leser:innen das Modell bereits erkannt?


  1. Vielen Dank an die Schüttoff-Experten, die uns kontaktiert haben und auf einige Details hingewiesen haben, die darauf deuten, dass unsere Maschinen vermutlich aus dem Jahr 1928 stammt und somit noch älter als der Schenker der Maschine ist. Hinweise bieten hier u.a. die Reifen und die Lampe der Maschine. Wenn Ihr zu Besuch seid, vergleicht doch die Schüttoff einmal mit der neben stehenden BMW R62, die auch von 1928 ist.

Autor:in

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Maria Niklaus

Ich bin seit September 2022 Kustodin für Luftfahrt und Straßenverkehr. Bevor ich das Team des Verkehrsmuseums Dresden verstärkte, war ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Stuttgart tätig. Zu meinen Projekten zählten dort u.a. die Erforschung einer technischen Sammlung sowie diverse Lehrveranstaltungen und Ausstellungen. Ich habe Technikgeschichte und Maschinenbau in Stuttgart, Berlin und Toronto studiert. Wenn ich in meiner Freizeit nicht gerade an meiner Dissertation zu den Hintergründen von Kreiselinstrumenten in der Luft- und Raumfahrttechnik forsche, fliege ich am liebsten mit historischen Segelflugzeugen.

1 Kommentar

Schüttofffried |

1 Antwort

Wunderbar wenn noch solche Funde geschehen. Ich habe 1964 ebenfalls eine Schüttoff Modell 500 K Luxus Sport in einem Schuppen gefunden, allerdings in einen schlimmen Zustand (Schrott) aber, was wichtig war, bis auf den Scheinwerfer komplett. Die gezeigte Schüttoff ist das Modell F 350 cm³, also die kleinere Sportmaschine der 500 K. Die 350 F war eine beliebte und sehr erfolgreiche Rennmaschine. Allerdings bezweifle ich die Farbgebung für den Tank, diese Farbe habe ich noch nie bei diesen und anderen Schüttoff-Modellen gesehen. Mir ist wichtig das alle Fahrzeuge die in Museen ausgestellt werden möglichst original und nicht verbastelt sind. Bei meinen Besuchen musste ich immer wieder unsachgemäße Änderungen feststellen. Also Glückwunsch zu dieser Schüttoff !!!

Was ist die Summe aus 3 und 8?

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Antwort von Verkehrsmuseum Dresden |

Vielen herzlichen Dank! Wir sind ebenfalls sehr begeistert, dass dieser Fund den Weg in unser Museum gefunden hat und wir ihn unseren Besucherinnen und Besuchern präsentieren können. Im zweiten Teil des Blogbeitrags zur Schüttoff gehe ich auch auf einige technische Details zur F-Variante und auf die „Handschrift“ des Vorbesitzers ein. Aufgrund von Platzgründen konnten wir natürlich nicht auf alle Details eingehen. Für uns im Museum ist es besonders wichtig, dass wir das Objekt und dessen Veränderungen aufzeigen können. Glücklicherweise ist dies hier der Fall: Der Vorbesitzer hat uns, neben der Maschine, auch viele Unterlagen hinterlassen. Dies ist bei „Scheunenfunden“ wirklich ein Glücksfall, da hier oft die Dokumentation fehlt. Am Objekt können wir so die Veränderungen aufzeigen, die die Maschine im Laufe ihres Lebens erfahren hat, wie z. B. die „falsche“ elektrische Zündung oder die „falsche“ Farbe. Diese Details sind Teil der Maschine und zeugen von ihrer Geschichte hier in der ehemaligen DDR. Sie sind dokumentiert und daher nicht unbedingt als „falsch“ zu sehen. Würden wir die Maschine nun in einen Zustand versetzen, der „besser als neu“ ist, würden diese originalen Spuren und die einzigartige Hintergrundgeschichte dieses Exponats verloren gehen. Daher haben wir uns dazu entschieden, die Schüttoff in ihrem Auffindungszustand auszustellen.

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