Gläser- und KWD-Oldtimertreffen im Stallhof
Carl Heinrich Gläser (1831–1903) übernahm 1864 das Geschäft des verstorbenen Sattlermeisters und Wagenbauers Carl Friedrich Kästner. Fortan wurden unter dem Namen „Heinrich Gläser, Sattler und Wagenbauer, Geschäfts-Local“ in der Rampischen Straße 24 (ab 1892 Rampische Straße 6) luxuriöse Kutschen und Schlitten gebaut und verkauft. Neben der hohen Qualität seiner Produkte war der Standort auch ein vorteilhafter Faktor bei Gläsers Ernennung zum königlichen Hofwagenbauer 1870. Im Johanneum in unmittelbarer Nähe war damals der fürstlich-königliche Stall ansässig. Die hochwertigen und luxuriösen Kutschen hatten also einen kurzen Weg. Heute beherbergt das Johanneum das Verkehrsmuseum Dresden, wo ein Gläser-Landaulet im königlichen Grün in der Dauerausstellung Straßenverkehr zu besichtigen ist.
Der Kutschenbau war ein hoch arbeitsteiliger Prozess, sodass Gläser seine Wagen-Rohbauten vom Schmied und Stellmacher bezog. Ab 1890 war dies vermutlich Friedrich August Emil Heuer (1857-1934) aus Radeberg. Emil Heuer wurde 1898 Mitinhaber der Firma und übernahm 1903 das Geschäft als alleiniger Inhaber, nach dem Heinrich Gläser kinderlos verstorben war. Unter der neuen Führung wurden auch neue Produkte aufgenommen, erste Automobilkarosserien entstanden. Heuer behielt allerdings den Namen Heinrich Gläsers bei, da unter diesem der gute Ruf für hochwertige Produkte entstand. Die Firma expandiert und zog 1913 unter dem Namen „Luxus-Karosserie und Luxus-Wagen-Fabrik Heinrich Gläser“ in die Arnoldstraße 18-24 um. Der Standort an der Rampischen Straße wurde noch als „Ausstellungs- und Verkaufs-Local“ bis 1924 weiter betrieben. Der Erste Weltkrieg hinterließ seine Spuren und es wurden keine Luxusprodukte, sondern Rüstungsgüter produziert.
Bereits 1914 hatte der damalige Generalfeldmarschall sowie spätere Reichspräsident Paul von Hindenburg eine Karosserie bei Gläser in Auftrag gegeben. Dieser Benz 27/70 wurde 1918 fertiggestellt und war einer der Highlights des Treffens!
In den 1920er Jahre überstieg dann erstmals die Fahrzeugaufbauten die Kutschen Produktion. Während der 1920er und 1930er Jahre fertigte Gläser als Spezialist für Cabriolet-Karosserien für fast alle namhaften Hersteller. Doch auch diese Firma war von der Weltwirtschaftskrise betroffen und ging im Juli 1933 Konkurs. Dennoch konnte die Firma über eine Auffanggesellschaft gerettet werden und bestand als Gläserkarosserie GmbH fort. Diese produzierte sehr erfolgreiche luxuriöse Fahrzeuge wie den Röhr 8 Typ F (Baujahr 1933) und den NSU-Fiat 1100 (Baujahr 1938), die in der Gläser-KWD-Themeninsel in unserer Dauerausstellung zu sehen sind.
Diese Vielfalt der 1930er Jahre konnte auch im Stallhof mit unterschiedlichsten Typen bestaunt werden. Bei einem moderierten Rundgang ordneten der Autor des Buches „Gläser-Karosserie-Dresden“ Michael Brandes und die Straßenverkehrs-Kustodin des Verkehrsmuseums Maria Niklaus die Fahrzeuge in die 160-jährige Geschichte ein, während die Fahrzeugbesitzer spannende Anekdoten zu Ihren Schätzen preisgaben.
Auch die Zeit des Zweiten Weltkriegs hinterließ Spuren bei der Firma. Wiederum wurden Rüstungsgüter anstelle von Luxusprodukten gebaut. Im Februar 1945 wurde durch die Bombenangriffe auf Dresden auch das zentrumsnahe Hauptwerk zerstört. Nach Aufräumarbeiten der Kriegsschäden konnte bereits 1945 die Produktion in Dresden wieder aufgenommen werden, nun jedoch ohne die Familie Heuer. Man fertigte Handwagen und reparierte sowjetische Lkws. In Dresden entstand schon im August 1945 eine Luxuskarosserie für eine Pullmann-Limousine auf einem Horch-Chassis für die sowjetische Kommandantur. 1946 wurden die Firmenstandorte in Dresden und Radeberg enteignet, 1948 getrennt und als Karosseriewerk Gläser und Karosseriewerk Radeberg einzeln der IFA Vereinigung Volkseigener Fahrzeugwerke eingegliedert. Ab September 1951 musste das Dresdner Werk aufgrund von Markenrechtenstreitigkeiten mit der Familie Heuer in Karosseriewerk Dresden umbenannt werden. Ab 1953 arbeiten die Betriebe in Dresden und Radeberg wieder als VEB Karosseriewerke Dresden zusammen. Das neue Logo erinnerte an die traditionsreiche Geschichte des Unternehmens, welches im Volksmund immer noch unter dem Namen Gläser bekannt war. Neben serienmäßigen Karosserien wurden weiterhin eigene, exklusive Anfertigungen konstruiert.
Auch für diese Epoche hatten wir eine spannende Mischung an Fahrzeugen, die den Weg in den Stallhof gefunden hatten.
Wir bedanken uns herzlich bei den Fahrzeugbesitzerinnen und -besitzern für Ihr Kommen!
Wenn Ihr jetzt noch Lust habt, mehr über Gläser und KWD zu lernen, dann kommt ins Verkehrsmuseum und erfahrt in der dazu eingerichteten Themeninsel mehr.
1 Kommentar
Detlef Kölling |
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Hallo, Das war ja eine tolle Veranstaltung. Sehr schöne Autos. Wer die Nachkriegswagen von DKW, AWZ und AWE live erleben möchte hat bei unserem 46. DKW Treffen in Garitz ( bei Zerbst) vom 31.05. - 02.06.2024 Gelegenheit. Sonnabend ist der Hauptschautag. Freundliche Oldtimergrüsse. Detlef Kölling Deutscher DKW-Club e.V.
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