Interflug - Das Fliegen in der DDR

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Roberto Martinez

Wenn man an die Deutsche Demokratische Republik (DDR) denkt, kommt einem wahrscheinlich nicht als Erstes der internationale Flugverkehr in den Sinn. Doch genau das war die Interflug, die Gesellschaft für internationalen Flugverkehr der DDR. Ab 1955 existierte die Deutsche Lufthansa, ab 1958 die Interflug, die den internationalen Luftverkehr übernahm. Bis 1963 wurden beide Fluggesellschaften parallel betrieben.

Pilotenuniform der DDR Lufthansa in der Dauersausstellung Luftfahrt
Pilotenuniform der DDR Lufthansa in der Dauersausstellung Luftfahrt (© Verkehrsmuseum Dresden)

Der Grundstein für die ostdeutschen Passagierflüge wurde am 27. April 1955 gelegt, als ein zwischen der Sowjetunion und der DDR unterzeichnetes Abkommen die zivile Nutzung des Berliner Flughafens Schönefeld wieder ermöglichte. Als unmittelbare Folge wurde die Gründung einer nationalen Fluggesellschaft der DDR am 1. Mai 1955 beschlossen, die den Namen Deutsche Lufthansa erhielt. Dieser Name erinnerte an die deutsche nationale Fluggesellschaft von 1926 bis 1945. Das Problem war, dass die Namensrechte bereits ein Jahr zuvor, 1954, von der westdeutschen Lufthansa gekauft wurde. Es kam zu einem Rechtsstreit, bei dem die westdeutsche gegen die ostdeutsche Lufthansa klagte. Der Osten verlor und das Unternehmen wurde liquidiert. Flugzeuge, Flugplätze und Streckenrechte wurden auf die Interflug übertragen, die damit zur offiziellen ostdeutsche Passagierfluggesellschaft wurde. Auch andere Sparten wie der Agrarflug wurden von der Interflug betrieben. In den 1960er Jahren verzeichnete die Fluggesellschaft ein stetiges Wachstum ihres Netzes und ihrer Flugzeuge. Auf ihrem Höhepunkt Mitte der 1970er Jahre wurden rund eine Million Passagiere befördert, und das Streckennetz erreichte weit entfernte Orte vor allem im Sozialistischen Ausland sowie in Afrika und dem Nahen Osten wie Havanna, Singapur und Angola. Dies war unter anderem durch den Beginn der Nutzung von Strahlflugzeugen bei der Interflug ab 1968 wie der Tupulew Tu 134 möglich.

Fluggäste zur Leipziger Herbstmesse 1971 mit einer IL 18 aus Belgrad gekommen
Fluggäste zur Leipziger Herbstmesse 1971 mit einer IL 18 aus Belgrad gekommen (© Bundesarchiv, Bild 183-K0907-0130 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en>, via Wikimedia Commons)

Vielleicht stellt ihr euch die Frage, wer überhaupt mit der Interflug fliegen durfte? Hatten DDR-Bürger die Möglichkeit, diese Flugzeuge zu nutzen? Wir hoch waren die Kosten?  Dabei ist es wichtig, zwischen Inlands- und Auslandsflügen zu unterscheiden. Inlandsflüge standen jedem Bürger in der DDR offen. Im Linienverkehr wurden die Städte Berlin-Schönefeld, Dresden, Leipzig und Erfurt sowie Karl-Marx-Stadt (bis 1962) und in den Sommermonaten Barth und Heringsdorf angeflogen. Die Kosten lagen zwischen 75 und 175 Mark für einen Hin- und Rückflug. Der durchschnittliche Arbeiter verdiente nur etwa 800 Mark im Monat (1970er Jahre). Infolge sinkender Passagierzahlen und der steigenden Ölpreise wurde der Flugplan der Interflug innerhalb der DDR nach und nach ausgedünnt. Als letzte Inlandsflugverbindung verblieb schließlich die Strecke Berlin-Erfurt, für die dann 1980 auch das Aus kam.

Flughafen Berlin Schönefeld mit DDR-SCS Tu134a und einer Aeroflot Maschine
Flughafen Berlin Schönefeld mit DDR-SCS Tu134a und einer Aeroflot Maschine
Interflug Werbung auf der Brücke der Stadtbahn über die Karl-Liebknecht-Straße in Berlin-Mitte, 1980er Jahre
Interflug Werbung auf der Brücke der Stadtbahn über die Karl-Liebknecht-Straße in Berlin-Mitte, 1980er Jahre
Broschüre „Boardjournal Interflug“
Broschüre „Boardjournal Interflug“ (© Sammlung DDR Museum, Berlin)

Auf internationalen Flügen flog die Fluggesellschaft vor allem in Länder Osteuropas. Neben den Linienflügen führte die Interflug auch zahlreiche Charterflüge durch. Die Fluggesellschaft hatte Verträge mit Reiseveranstaltern aus West-Berlin, die die begehrte westdeutsche Währung brachten. Viele westdeutsche Touristen sahen den Flughafen Berlin-Schönefeld als gute Anlaufstelle für Billigflüge an. Mit der Interflug und ihren Partnerfluggesellschaften aus dem Ostblock konnte man für 1800 Mark nach Havanna oder ab 1500 Mark nach Bangkok fliegen. Die Tickets waren damit für westdeutsche Urlauber um etwa zwei Drittel günstiger als von Berlin-Tegel. Für Ostdeutsche waren die Flüge aber nahezu unerschwinglich.

Hier in Dresden spielte der Flughafen in Klotzsche eine wichtige Rolle im Verkehrsnetz der Interflug. Seit Mitte der 1960er Jahre konnte man nach Berlin, Erfurt, Barth und auch eine Zeit lang nach Heringsdorf reisen. Ab 1967 waren auch wieder internationale Reisen möglich. 1979 starteten Flüge nach Budapest, Moskau, St. Petersburg, Sofia, Burgas und Varna, beliebte Sommerziele in Bulgarien. Der Preis für die Flugtickets lag zwischen 233 und 263 Mark.

Dresden Flughafen 1960er Jahre
Dresden Flughafen 1960er Jahre
Sommerflugplan Interflug, Inlandsflüge 1972
Sommerflugplan Interflug, Inlandsflüge 1972

Trotz all dieser Flüge und der Attraktivität für ausländische Touristen machte die Interflug hohe Verluste. Die Kombination aus steigenden Treibstoffpreisen und ineffizienten Maschinen führte dazu, dass die Interflug bis zur deutschen Wiedervereinigung etwa eine Million Mark pro Woche und insgesamt 200 Millionen Mark verlor . Es gab einen Versuch, die Gesellschaft mit der westdeutschen Lufthansa zu fusionieren, aber die Pläne scheiterten. Im Februar 1991 wurde das Unternehmen liquidiert, womit das ostdeutsche Luftfahrtabenteuer ein Ende fand.

Die Super Aero 45 in der Ausstellung Luftfahrt im Verkehrsmuseum Dresden.
Die Super Aero 45 in der Ausstellung Luftfahrt im Verkehrsmuseum Dresden.

Im Verkehrsmuseum Dresden findet ihr eine Super Aero 45, die früher als Zubringerflugzeug auch für die Deutsche Lufthansa der DDR geflogen ist. Weiterhin könnt ihr Modelle der verschiedenen Interflug-Flugzeuge und diverse Erinnerungsstücke an die Gesellschaft entdecken. Erfahrt Wissenswerte über die Entwicklung der Flugzeuge und der Flugzeugindustrie in Ostdeutschland, die hauptsächlich in Dresden verortet war. Besonders spannend ist das erste strahlgetriebene Verkehrsflugzeug Deutschlands, die 152, die unter anderem auch bei der internationalen Fluggesellschaft der DDR hätte fliegen sollen.

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Mein Name ist Roberto Martinez und ich studiere im Hauptfach Geschichte der Naturwissenschaften und Technik und im Nebenfach Elektrotechnik an der Universität Stuttgart. Im September 2023 absolvierte ich mein Praktikum in der Sammlungs- und Ausstellungsabteilung im Verkehrsmuseum. Meine Hobbys sind Fußball und Videospiele spielen.

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