Piraten! Mythos oder Realität?
Neben originalen historischen Exponaten gibt es zahlreiche spannende Mitmach-Stationen. Der gesamte Ausstellungsraum ist durch seine szenografische Gestaltung mit Tauwerk, Segel und hölzernen Elementen, die an den Schiffsbau erinnern, maritim geprägt. Der inhaltliche Fokus der Ausstellung liegt auf den Rubriken „Mythos“ und „Realität“. In fünf Modulen erfahren die Besucher bekannte, aber auch außergewöhnliche Fakten über Piratinnen und Piraten. Störtebeker ist in Deutschland wohl geläufig, aber wie sieht es mit Edward Teach, Henry Every oder Zheng Yisao aus? Hätten Sie auch gewusst, dass es heute noch eine Brauerei auf den Bahamas gibt, die Anfang des 18. Jahrhunderts durch Piraten gegründet wurde? Dies und mehr kann in der Ausstellung entdeckt werden!
Die Ausstellung ist in fünf Bereiche, sogenannte Module, unterteilt.
350 m² Ausstellungsfläche
60 Exponate
20 Medienstationen
15 interaktive Stationen
10 Leihgeber
Modul 1: Gemeinschaft
Wer waren die Piratinnen und Piraten, die uns bis heute faszinieren? War ausschließlich die Aussicht auf schnelles Geld oder möglichen Ruhm Gründe, selbst Pirat zu werden? In der Frühen Neuzeit ab dem 16. Jahrhundert sind es vor allem drei Personengruppen, die durch die Piraterie persönliche Freiheit und Selbstständigkeit erlangen konnten: Frauen, Versklavte und Strafverfolgte. Galten sie an Land durch die geltenden Gesetze in den Königreichen als unmündig, jemandes Eigentum oder gar als Verbrecher, ermöglichte die Seefahrt unter einer Piratenflagge ganz neue Möglichkeiten.
Piraten fuhren stets als Mannschaft zur See, gründeten Ende des 17. Jahrhunderts eigene Republiken auf den Bahamas oder der Insel Madagaskar – die im starken Kontrast zur vorherrschenden Monarchie in den europäischen Ländern standen. Lebten die Piraten ihren Traum fernab der Zivilisation und gründeten sie gar eigene Reiche?
1706 – 1718
Modul 2: Ausgangsbedingungen
Was benötigt eine Frau oder ein Mann, um Piratin oder Pirat zu sein? Nur Beute und ein Schiff? Weit gefehlt, Piraten waren besonders häufig in Gewässern unterwegs, die stark durch Handelsschiffe befahren und in denen wenige Kriegsschiffe patrouillierten. Zerklüftete Inseln eigneten sich zudem als Rückzugsgebiet, um das Schiff zu reparieren oder Nahrung für die Mannschaft zu beschaffen. So verwundert es heute eher wenig, dass sich Piraten in den Gewässern der Karibik oder auch entlang der Küstenregionen Afrikas sowie bei den Seefahrtstraßen Asiens wie die Made im Speck fühlten.
Pirat, Bukanier, Filibuster, Kaperfahrer … – alles dasselbe? Weit gefehlt! In der Ausstellung können die Besucher am Piraten-ABC spielerisch die kleinen, aber feinen Unterschiede entdecken, die die jeweiligen Bezeichnungen mit sich brachten.
In der Ausstellung gibt es zudem einen echten Dresdner Piraten zu entdecken, der als „Beauftragter“ zur See fuhr. Felix Graf von Luckner wurde 1881 unweit von Dresden geboren, wuchs bei Pennrich auf und machte sich literarisch als „Seeteufel“ einen Namen. Sein gleichnamiges Buch widmet sich seinen Kaperfahrten, die er von 1916 bis 1917 unternahm.
Felix Graf von Luckner (1881 – 1966)
Modul 3: Symbolik
Die schwarze Flagge mit weißem Totenkopf und gekreuzten Knochen oder Säbeln kennt heute jedes Kind. Diese Flagge gilt weltweit als DAS universelle Erkennungszeichen von Piratinnen und Piraten. Heute sind jedoch nur zwei originale historische Flaggen dieser Art überliefert, eine befindet sich im Åland Maritime Museum (ca. 200 Jahre alt), die andere im National Maritime Museum Greenwich (ebenfalls ca. 200 Jahre alt). In der Realität gab es aber viele verschiedene Piratenflaggen. Es handelte sich oft um ein persönliches Erkennungszeichen der einzelnen Piratenkapitäne. Häufig fanden barocke oder christliche Symbole Eingang in die Flagge. Skelett, Totenschädel und Herz sind solche Elemente, die auf den Tod anspielten. Ihnen beigemischt wurden zudem Waffen wie Säbel, Schwerter oder Speere, die auf die Ausübung von Gewalt hinwiesen. Vereinzelt gab es Darstellungen von Sanduhren, die auf die menschliche Vergänglichkeit Bezug nahmen. In der Regel bestand die Piratenflagge aus der Trias, die das Piratenleben ausmachte: Vergänglichkeit, Gewalt und Tod.
Neben den Flaggen prägten einige der Piraten auch durch ihr Auftreten und Aussehen unsere heutigen Vorstellungen von Piraterie. Edward Teach alias Blackbeard war der prominenteste von ihnen. Der Legende nach flocht er sich brennende Lunten in seinen Bart, um sich ein martialisches Aussehen zu geben. Andere wie Jack Rackham bedienten sich edler Kleidung und genossen das Leben eines Charmeurs, dem nicht nur die Frauen an Land, sondern auch namhafte Piratinnen wie Mary Read und Anne Bonny verfielen…
Edward Teach (um 1680 – 1718)
Modul 4: Techniken
Dass die Piratinnen und Piraten heute als listig und klug gelten, ist nachvollziehbar, denn nur wer clever und strategisch agierte, konnte Erfolg haben. Versenken wollten die Piraten fremde Schiffe nicht, da ansonsten deren Ladung für sie selbst verloren war. Ihnen ging es vielmehr darum, die beladenen Handelsschiffe zu kapern. Für die gefangenen Mannschaftsmitglieder konnte zudem Lösegeld erpresst werden. Bereits aus der Antike gibt es Überlieferungen von prominenten Entführungsopfern, unter ihnen war im Jahr 75 v. Chr. auch ein junger römischer Offizier mit Namen Gaius Julius Caesar.
Doch welche Waffen verwendeten die Piraten für ihre Angriffe? Entersäbel, Enterdreggen und Enterbeile spielen eine zentrale Rolle, wobei sie zunächst als Abwehrwaffen durch die britische Marine entwickelt wurden. Heute kommen eher moderne Arbeitsmittel zum Einsatz, wie ein Außenbordmotor, der gut für einen schnellen Überraschungsangriff dient sowie automatische Waffen wie das leichte Maschinengewehr AK-47, mit denen die Mannschaften der Containerschiffe und Tanker auf den weltweiten Gewässern überfallen und bedroht werden.
Gaius Julius Caesar (100 v. Chr. – 44 v. Chr.)
Modul 5: Abrechnung
Wenn wir heute an Piraten denken, spukten in unseren Köpfen Vorstellungen von Bergen an Silber, Gold und Juwelen umher. In der Realität war die Beute der Piraten jedoch eher einfacher Natur: Essen, Kleidung und alle Gegenstände, die sich auf einem Schiff befanden, gehörten zu den begehrten Dingen eines Überfalles. Dennoch gab es sie, die Piraten die große Beute machten und zum Vorbild anderer wurden. Im Jahr 1696 wurde für solch einen Piraten sogar ein Fahndungsaufruf durch den englischen König herausgegeben. Der Engländer Henry Every wurde als „Erzpirat“ bezeichnet, nachdem er ein indisches Pilgerschiff auf dem Weg nach Mekka überfallen, ausgeraubt und dessen Mannschaft ermordet hatte. Die Beute war so groß, dass der englische König sich auf Drängen des indischen Großmoguls genötigt sah, ein Kopfgeld auf den Piraten und dessen Mannschaft auszusetzen.
Und es gab sie wirklich, die Piratinnen und Piraten, die erfolgreich ihren Lebensabend genießen konnten. Ein solches Beispiel ist etwa die Chinesin Zheng Yisao, die die kaiserliche, chinesische Marine besiegt hatte und im Jahr 1810 eine Generalamnestie für sich und ihre Piraten erwirken konnte. Sie gründete ein Kasino, das sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1844 erfolgreich betrieb.
Den Ausklang der Ausstellung bilden 15 Filmplakate, die auf ausgewählte internationale Piratenfilme der letzten 105 Jahre eingehen und jeweils einen besonderen Fun Fact benennen. Der erste Piratenfilm erschien im Jahr 1919. Es handelt sich um den heute verschollenen deutschen Stummfilm „Störtebeker“.
Störtebeker (Stummfilm von 1919, gilt heute als verschollen)
Die neue Sonderausstellung „Piraten!“ lädt alle Besucher dazu ein, sich selbst ein Bild von den Piratinnen und Piraten weltweit zu machen. Die Ausstellung hinterfragt die Gründe und Motive der Piraten, bricht mit gängigen Klischees und ermöglicht somit einen differenzierten Einblick in das tatsächliche Leben von Piratinnen und Piraten. Zugleich lädt eine Familienspur mit einer Schatzkarte dazu ein, die Ausstellung spielerisch zu durchwandern und einen versteckten Schatz zu entdecken.
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